Welche Vibrationen bringen Klang und Bewegung hervor?
Vibrations – Notions
Practice & Theory
Wann
2.–5. Oktober 2023
Wo
Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz Berlin (HZT), Uferstraße 23
Lehrende
Miriam Kongstad und Stefanie Eged
Art/Umfang
viertägiger Workshop (à 7 Std./Tag)
Studierende/Studiengänge
17 Studierende und Alumni aus den Studiengängen des HZT, Performance Institut Kunst, Sound Studies & Sonic Arts, sowie Design & Computation
Beteiligung InKüLe
Didaktische Konzeption und Design, Technologische Ausstattung, finanzielle und administrative Unterstützung
Begleitet von Inküle durch
Mariam Rafehi
Lektorat
Sabine Huschka
Didaktisches Konzept und Design des Workshops
Gemeinsam unterrichteten die Performancekünstlerinnen Miriam Kongstad und Stefanie Egedy ihren Workshop „Vibrations – Notions, Practice & Theory”, der thematisch dem Erkunden von tönenden und körperlichen Vibrationen galt. Die Teilnehmenden gewannen Einblicke in die künstlerische Praxis der beiden Workshopleiterinnen und ihre je eigene Klang- und Bewegungsarbeit. Im Zentrum des Workshops standen Fragen zur Erfahrbarkeit und Ausgestaltung von Vibrationsfeldern durch Klangphänomene und Bewegungsformen, die im interdisziplinären Austausch eine künstlerische Auseinandersetzung und Reflexion anregten.
Gerade das Zusammentreffen zweier Künstlerinnen aus unterschiedlichen Kunstsparten und Arbeitsfeldern eröffnete den Teilnehmenden einen fruchtbaren Raum für die eigene künstlerische Praxis – ein methodischer Ansatz, den InKüLe als innovativen Zugang zu künstlerischer Lehre an der UdK aktiv fördert. Wie lässt sich interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Lehre effektiv gestalten? – unter dieser zentralen Frage entwarf das Team der Mediendidaktik von InKüLe mit den beiden Künstler-Lehrenden das didaktische Design für den Workshop. Im Vordergrund stand, eine offene Kultur des Austauschs unter den Teilnehmenden zu ermöglichen, mit der die Studierenden ihre eigenen Kenntnisse und Gedanken einbringen, aber auch nach gewünschten Verbindungen fragen konnten.
Das InKüLe Team entwickelte mit den Workshopleiterinnen zwei Arbeitsprozesse und Lehrzugänge, die am ersten Workshop Tag Grundlage für eine produktive interdisziplinäre Zusammenarbeit legten:
(1) Eine wachsende Landkarte der Inspiration
Am Anfang des Workshops wurden Studierende eingeladen, ihre Vorstellungen und Erwartungen für den Workshop zu kommunizieren und auf Post-its an einer großen Leinwand zu sammeln. Die Teilnehmenden sollten in einem weiteren Schritt eigene potenzielle Inputs angeben, die – ebenso auf Post-its gesammelt – beschreiben, was sie selbst in den Workshop einbringen können und wollen. Post-its mit ähnlichen Interessen oder Angeboten wurden neu gruppiert, sodass erste Verbindungen unter den Teilnehmenden deutlich wurden. Hierdurch traten die Teilnehmenden, die aus unterschiedlichen universitären Kunststudiengänge kamen, miteinander in Kontakt. Über die weiteren Workshop-Tage hinweg gaben die Workshopleiterinnen den Studierenden neue Impulse und stellten Fragen. Reaktionen und Antworten hierauf wurden erneut auf Post-its gesammelt und zu Arrangements gestaltet, die weitere Verbindungen und gemeinsame Inspirationen untereinander eröffneten.
(2) Speed-Dating
Um die Studierende in interdisziplinäre Gruppen zu führen, endete der erste Workshop Tag mit einer ‚Speed-Dating‘ Runde. Beim Speed-Dating rotiert man in regelmäßigen Abständen von Teilnehmer:in zu Teilnehmer:in und hat die Möglichkeit, sich mit jeder Person für sechs Minuten auszutauschen. Gerade etwas schüchterne Studierende bekamen die Chance, in Kontakt zu kommen. Das Speed-Dating zielte darauf, sich entscheiden zu können, mit wem man im Workshop zusammenarbeiten wollte, um sich über die eigene künstlerische Praxis auszutauschen. Insgesamt gingen aus diesem Prozess drei Gruppen mit je vier Studierenden hervor.
Ziel dieser interdisziplinären Gruppenbildung war, den Studierenden gleich zu Beginn des Workshops einen intensiven Austausch untereinander über den eigenen Studiengang hinweg zu ermöglichen und ihnen die Chance zu geben, gemeinsam an ähnlichen künstlerischen Ideen und Konzepten zu arbeiten – was sicherlich zu längerfristigen Kollaborationen führen kann. Pro Workshoptag hatten die Teilnehmenden für 1–2 Stunden Zeit zum gemeinsamen Experimentieren in ihrer jeweiligen Gruppe.
Thema: Frequenzen, Vibrationen und Körper
Der viertägige Workshop war untergliedert in verschiedene Phasen, die aufbauend jeweils theoretische und angewandte Inputs aus den Bereichen Klang und Bewegung vermittelten. Die Studierenden wurden eingeladen, die Impulse aktiv durch Diskussionen oder in Gruppenarbeit zu reflektieren.
Miriam Kongstad – selbst interdisziplinär arbeitende Künstlerin, Tänzerin und Choreografin – erkundete mit den Studierenden Körperbewegungen und die hieraus angeregten Vibrationsmöglichkeiten und Formen. Unterstützt durch theoretische Inputs zu den möglichen therapeutischen und bewusstseinsverändernden Qualitäten von Vibrationen wurden Studierende zu verschiedenen Bewegungsformen angeleitet, um sie weiter frei zu entwickeln und in bewegenden Gemeinschaftsformen ihre eigenen Rhythmen zu finden.
Um Studierende mit Vibrationen im Bereich Klang vertraut zu machen, stellte Stefanie Egedy – Komponistin und Installationskünstlerin, die das Zusammenspiel von niederfrequentem Klang, Körpern und Subwoofern erkundet – zunächst den theoretischen und physischen Aufbau einer Frequenz vor, gefolgt von einer Einführung in ihre eigenen künstlerischen Arbeiten mit niedrigen Frequenzen im Rahmen des Projektes „Bodies & Subwoofers“. Subwoofer sind Lautsprecher, die im Vergleich zu normalen Lautsprechern, Töne in einem niedrigeren Frequenzbereich verstärken und damit die kaum hörbaren Basslaute wiedergeben. Eine Sounddemonstration niedriger Frequenzen machte die durch den Bass entstehenden Vibrationen erlebbar – ein Erfahrungsraum, der im Weiteren gemeinsam reflektiert wurde.
Am dritten Workshop Tag wurden Körper- und Klangvibrationsübungen zusammengeführt und die körperbezogenen phänomenalen Bass-Ton-Arrangements von Stefanie Egedy mit Bewegungsübungen von Miriam Kongstad verbunden. Das gleichsam meditative, nahezu bewegungslose körperliche Wahrnehmen der Niedrigfrequenzen aus der ersten Arbeitsphase wurde nun konfrontiert mit körperlichen Erfahrungsräumen der Vibration in springenden und hüpfenden Bewegungen. Die eigene Körpervibrationen konnten nun im Zusammenspiel mit wahrgenommenen Vibrationen der Subwoofer ausprobiert und erlebt werden. In einer abschließenden Reflexionsrunde wurden diese Experimente und körpereigenen Konfrontationen von Vibrationen durch Klang und Bewegung hinsichtlich ihrer Intensitäten befragt. Deutlich wurde, dass die Zusammenführung eine andere neue Wahrnehmungsintensität eröffnete. Dabei unterschieden die Studierenden den Aktionsmodus des Körpers als aktiven (springenden) und als passiven (meditativen) Akteur, wobei interessanter Weise dem eigenen Bewegen keine Intensitätssteigerung im Erleben von Vibrationen des Basses zugesprochen wurde. Bewegungen dämpften indessen eher ihren Effekt.
Wie gestaltet sich Lehre im Austausch und in interdisziplinärer Zusammenarbeit?
Feedback und Learnings
Dieser Workshop löste eines der zentralen Augenmerke von InKüLe ein, nämlich disziplinübergreifende Kollaboration von Künstler*innen und Lehrenden für interdisziplinäre Lehrformate zu initiieren, die Lehrräume über die Grenzen einzelner Studiengänge und ihrer regulären Curricula hinweg schaffen und Studierende in gemeinsame Arbeitsprozesse führen. Gerade der in diesem Workshop eröffnete Horizont aus verschiedenen Ansätzen und künstlerischen Zugängen zu Gestaltungsfragen und Erfahrungsräumen von Vibration erlaubte es den Studierenden, transdisziplinäre Wissensfelder und künstlerische Auseinandersetzungen mit körperlichen Phänomenen und technologischen Erzeugungen von Vibration und Frequenz kennenzulernen. Der interdisziplinäre Lehr- und Lernansatz wurde von den Studierenden in einer abschließenden Feedback-Runde besonders geschätzt, wobei das anfängliche Speed-Dating zur Gruppenbildung am ersten Workshop Tag hervorgehoben wurde.
Über den gesamten Workshop-Verlauf differenzierten die Studierenden untereinander die Post-its Landkarte weiter aus und versammelten Inspirationen und Ideen zu immer wieder neu arrangierten Feldern und Arbeitsschwerpunkten. Die Gruppenarbeiten verbanden theoretische und praktische Inputs der Workshopleiterinnen zu gemeinsamen Reflexionen. Dabei weitete sich der Arbeitsprozess dergestalt aus, dass die Studierenden im interdisziplinären Austausch ihre eigene künstlerische Praxis einbringen und diskutieren konnten und gemeinsam an jeweiligen Ideen und ihrer Umsetzung arbeiteten, die sie in einer abschließenden Präsentation zur Diskussion stellten. Gerade für diesen Arbeitsschritt gaben die Workshopleiterinnen den Teilnehmenden einen uneingeschränkten Freiraum, so dass die Art der Präsentation ebenso wie die Form des Ergebnisses aus der Gruppenarbeit – sei es ein Gedicht, eine Performance oder eine konzeptionelle Darlegung – selbst festgelegt werden konnte. Am letzten Workshop Tag präsentierten die Studierenden ihre Ergebnisse, die durch verschiedenste Interpretationen der Zusammenführung von Klang und Bewegung charakterisiert waren.
Fazit
Die verschiedenen Ansätze und Auseinandersetzungen mit Vibrationen eröffneten eine fruchtbare Reflexion des Themas und erlaubten den Studierenden, einen eigenen Zugang zu einem transdisziplinären Wissensfeld zu erarbeiten und zu erfahren, der über die regulären Curricula der einzelnen Studiengänge hinausging.